Sonntag, 1. Februar 2009

Kritik an STIKO (Ständige Impfkommision)

Nachdem der ehemalige STIKO-Vorsitzende Schmitt im Sommer letzten Jahres (2007) seine Tätigkeit ganz in den Dienst eines der größten Impfstoffhersteller stellte, wurde die Ständige Impfkommission im November 2007 "neu" besetzt. Die Kritik an personeller Zusammensetzung und fehlender Unabhängigkeit dieses Gremiums nimmt jedoch auch nach diesem Schritt weiter zu.

Dass gerade U. Heininger als derjenige aus der bisherigen STIKO, der die umfassendsten und weitestreichenden finanziellen Verflechtungen zur Pharmaindustrie unterhielt, zum neuen stellvertretenden Vorsitzenden der Kommission ernannt wurde, ist kaum als Signal für die geforderte Transparenz und Unabhängigkeit dieses Gremiums zu werten. Schließlich dürfe Heininger, nach dem kommissionseigenen Ethos der STIKO, dem entsprechend finanzielle Abhängigkeiten zu einem Impfstoffhersteller zum Ausschluss von entsprechenden Sachentscheidungen führen, laut dem unabhängigen "arznei-telegramm" aufgrund seiner umfassenden finanziellen Verflechtungen eigentlich an keiner Abstimmung des Gremiums mehr teilnehmen. Und ausgerechnet bei Heininger bestehen Zweifel, ob Interessenskonflikte (wie z. B. Zahlungen des HPV-Impfstoffherstellers Merck) ordnungsgemäß deklariert wurden (DAKJ 2007, Posfay 2005, DAKJ 2006).

Rückendeckung erhält Heininger jedoch vom Schmitt-Nachfolger F. Hofmann, dem neuen STIKO-Vorsitzenden: Hofmann findet es in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung "in Ordnung" wenn STIKO-Mitglieder Geld von Impfstoffherstellern erhalten (SZ 2008a). Die vom Bundesgesundheitsministerium geplante zukünftige Veröffentlichung von STIKO-Sitzungsprotokollen lehnt Hofmann in diesem Gespräch ausdrücklich ab. Somit ist zumindest die Existenz finanzieller Verflechtungen an sich und das Ablehnen transparenter Entscheidungsprozesse öffentlich...

Diese Haltung stößt zunehmend auf Kritik auch in Kreisen, die bisher nicht durch eine impfkritische Grundhaltung auffielen: so monieren nach einem Artikel der tageszeitung die Verbände der gesetztlichen Krankenkassen die "guten Verbindungen" der STIKO zu Industrie (taz 2007) und auch der Vorsitzende der Abteilung Arzneimittel beim Gemeinsamen Bundesausschuss der Krankenkassen (GBA) Thomas Müller zeigt sich lt. SZ "sehr unzufrieden" mit der STIKO: "Wir haben erhebliche Bedenken, was die Unabhängigkeit der STIKO betrifft." (SZ 2008b). Bedenken, die nicht nur von der Frankfurter Rundschau (FR 2008) geteilt werden...



Literatur:

* arznei-telegramm 2007; Jg. 38, Nr. 4; 33-34
* DAKJ Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin, deutsche Gesellschaft für Gynäkologie u. Geburtshilfe: Infektionsprophylaxe gegen das humane Papillomavirus (HPV); zu finden unter http://www.dakj.de
* DAKJ Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin: Kinder- u. Jugendarzt 2006; 37: 401-2
* FR-Online vom 02.02.08, www.fr-online.de
* HEININGER, U., SEWARD, J.W.: Lancet 2006; 368: 1365-76
* POSFAY-BARBE, K.M. et al.: Pediatrics 2005; 116: e623-33
* STIKO: Schreiben an das arznei-telegramm vom 2. Febr. 2007
* SZ vom 26.01.2008, S. 22; Interview bzw. Artikel
* taz vom 16.11.2007, www.taz.de

Dr. Steffen Rabe, Ärzte für individuelle Impfentscheidung e.V.
http://www.individuelle-impfentscheidung.de/

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